Ausgabe v. 17.12.2014

LVZ v. 17.12.2014

Inzwischen dürfte sie wieder mit Erde bedeckt sein: die Bach-Gellert-Gruft der zerstörten Johanniskirche. »Das tut uns zwar leid, momentan gibt es aber keine andere Lösung«, erklärt Christian Jonas vom Verein Johannis­kirchturm. Dieser will 2015 – als Beitrag zum Jubiläum Leipzigs – ein Kolloquium organisieren, um mit Fachleuten über die Zukunft der Gruft zu reden. Wie berichtet, hatte der Verein Anfang November Probe­grabungen auf dem Johannis­friedhof veranlasst, um zu er­kun­den, wie intakt die Mauern der Gruft, die einst ein Anziehungs­punkt des Gotteshauses war, wirklich sind.

Gestern wurde sie zunächst vollständig freigelegt – um ihren Zustand zu dokumentieren. Sogar das Landesamt für Archäologie schaute vorbei. »Sie ist wirklich gut erhalten. Es ist deutlich zu sehen, wo die beiden Sarkophage von Bach und Gellert einst standen«, ergänzt Vereinsmitglied Johannes Hähle. Was Ornamente an den Wänden bedeuten, müssen nun Kunsthistoriker ermitteln. Lediglich »Soli-Deo-Gloria« – »Gott allein zur Ehre« – auf der einen Seite konnte bislang identifiziert werden. Als Option sei es beispielsweise möglich, sie später komplett auszugraben und eventuell über eine Treppe begehbar zu machen. Oder sie mit einer Grabplatte abzudecken. »Darüber wollen wir aber mit Fachleuten reden«, so Johannes Schulze vom Verein, der künftig auch Spendengelder sammeln wird. Vorher müsse aber – vor allem mit Stadtverwaltung und Stadtrat – geklärt werden, was auf dem Johannisplatz realisierbar ist.

Bei der »Wiedergeburt« der Gruft, die übrigens direkt am Stadtspaziergang Notenspur liegt, erhofft sich der Verein Rückenwind von der weltweiten Gellert-Gemeinde. In Leipzig ist der Literaturprofessor und Fabeldichter Gellert, der am 13. Dezember vor 245 Jahren starb, wenig präsent – im Gegensatz zum berühmtesten aller Thomaskantoren, Johann Sebastian Bach. Kurz nach Gellerts Tod war das anders, sein Grab auf dem Alten Johannisfriedhof war nahezu ein Wallfahrtsort. Es kam sogar zu solch einem Andrang, dass vorübergehend die Friedhofstore geschlossen werden mussten. Umgebettet in die Gruft, gelangten die Gebeine Gellerts nach Abriss der zerstörten Johannis- in die Paulinerkirche. Nachdem die SED-Oberen das Gotteshaus 1968 sprengen ließen, wurde Gellert auf dem Südfriedhof beigesetzt. Noch erhalten im Kirchendepot sind zwei große Gellert-Figuren aus Marmor. Sie waren Teil eines Epitaphs, das einst im südlichen Altarraum der Johanniskirche stand. »Wir haben die Figuren mit einem Steinmetz besichtigt und arbeiten daran, sie in geeigneter Form auszustellen«, so Olaf Graszt vom Freundeskreis Gellert. Im kommenden Jahr – dann ist Gellerts 300. Geburtstag – wird das aber noch nicht möglich sein. Derzeit fehlen noch Sponsoren

Bis die erneut zugeschüttete Gruft wieder zu sehen ist, werden wohl ebenfalls noch Jahre vergehen. Geplant ist, das ehemalige Grab von Johann Sebastian Bach und seiner Frau Magdalena auf dem Johannisplatz sowie die Gruft zu markieren und am Steinsockel an der Grünfläche Erläuterungstafeln anzubringen. Um Schäden zu vermeiden, wurde die Gruft übrigens mit Geotextilien gegen Frost geschützt. Und das Amt für Stadtgrün wird auf der Erde darüber bald wieder wie vorher Gras wachsen lassen.