Ausgabe v. 29.12.2010

LVZ v. 29.12.2010

Die Bach-Gellert-Gruft liegt offenbar verschüttet unter der Rasenfläche des momentan ver­schneiten Johannisplatzes. Das hat der Bürgerverein Johannis­kirchturm mit Hilfe von geo­elektrischen Messungen nachgewiesen. Die Messungen erfolgten bereits Ende Oktober, die Daten sind nun ausgewertet.

Eigentlich gründete sich der Verein, weil engagierte Leipziger die Idee hatten, dem Johannisplatz mit einer Kopie des gesprengten barocken Kirchturms wieder eine Höhendominante zu geben. Das ist derzeit unbezahlbar. Schätzungen gehen von Kosten bis zu zwei Millionen Euro aus. Darum arbeitet der Verein an neuen Ideen, den Eingang zur Ostvorstadt aus seiner »geschichtlichen Verbannung« zu holen. Dabei ist ihm Ende Oktober ein richtiger Coup gelungen. Experten steckten den Grundriss der gesprengten Johanniskirche, deren Lage gut dokumentiert ist, nach alten Bauplänen ab. Anschließend konnten Fachleute von der Geophysik und Geotechnik Leipzig GmbH das Areal geoelektrisch vermessen. Die Daten, die der LVZ exklusiv vorliegen, sind inzwischen ausgewertet. »Nun ist sicher, dass von der Gruft noch relativ viel erhalten ist«, freut sich Christian Jonas vom Vereinsvorstand. In ihren Ausmaßen konnte sie deutlich markiert werden.

»Wir haben die Methode der Gleichstromgeoelektrik angewandt, bei der elektrischer Strom in den Boden gespeist wird«, erklärt Diplom-Geophysiker Ulrich Serfling. Durch Erfassung der spezifischen elektrischen Widerstände seien eindeutige Erkenntnisse über den Untergrund möglich, zumal die Messungen in mehreren Schichten erfolgten. Detaillierte Angaben, ob sich Luft, Mauerwerk, Bauschutt oder Mutterboden im Untergrund befinden, können mit Hilfe eines Leitfähigkeitsmodells errechnet werden. »Es ist auf jeden Fall zu erwarten, dass die Keller der Kirche und wahrscheinlich die Gruft im verfüllten Zustand noch existieren«, so Serfling. Dabei liegt es nahe, dass die Reste des zerstörten Gotteshauses 1949 gleich an Ort und Stelle verfüllt worden waren. Dokumente darüber existieren allerdings nicht. »Wahrscheinlich hat man die Decke der Gruft einfach zerschlagen, den Bauschutt danach verfüllt«, vermutet der ehemalige CDU-Fraktionschef Johannes Hähle, der im Verein mitarbeitet. »Die Sprengung wurde recht schnell vollzogen, einen Tag später waren wohl auf der Fläche schon die Stiefmütterchen drauf«, frozzelt Vereins­mitglied Johannes Schulze. Er und seine Mitstreiter hätten zwar versucht, Zeitzeugen zu finden. »Das ist aber schwierig, zumal sich zehn Leute an zehn verschiedene Vorgänge erinnern.«

Bei den Messungen ist laut Serfling das alte Bachgrab von 1750 an der Südmauer der alten Johanniskirche deutlich zu erkennen gewesen. Über den Zustand der Gruft, also wie intakt die Mauern noch sind, sagt dies aber noch wenig aus. »Bei gezielten Suchgrabungen könnte dies aber näher erkundet werden«, so Jonas. Dafür will der Verein nun Sponsoren suchen, die das Vorhaben finanzieren. Wichtig sei vor allem, den Johannisplatz aus der Vergessenheit zu holen und den Leipzigern sowie ihren Gästen »den Geist des Ortes« zu erschließen. Das könnte zunächst mit Tafeln und Installationen geschehen, die an die Kirche, die Gruft sowie das einstige Luther-Melanchthon-Denkmal erinnern. Auch dafür werden Förderer gesucht. Dem­nächst will der Verein eine Schriftenreihe herausgeben, um die Historie des Platzes bekannter zu machen. »Vielleicht gelingt es auch, den Grundriss der Kirche mit Hilfe von Platten abzustecken«, so Hähle. Denkbar sei ferner auch, die freigelegte Gruft mit einer Glasplatte sichtbar zu machen – falls ihr Zustand dies zulässt.