Ausgabe v. 20.02.2009

LVZ v. 20.02.2009

Sie dominierte einst den Platz vor dem Grassi-Museum: die Johannis­kirche. Das Gotteshaus brannte jedoch beim schwersten Bomben­angriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 völlig aus. Im Februar 1949 – also vor 60 Jahren – wurde die Ruine gesprengt. Lediglich der barocke Turm, dessen Mauerwerk bei der Bombardierung unbe­schädigt geblieben war, blieb zunächst stehen.

Die Johanniskirche gehörte zu den Wahrzeichen der Leipziger Ost­vorstadt. Das Gotteshaus hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die auf dem einstigen Areal des Hospitals für Leprakranke 1305 begann. Zerstört, abgebrochen und neu errichtet erhielt das Gottes­haus 1746/49 einen Kirchturm im Stil des Barock. Der wurde 1894/97 beim Neuaufbau nach Plänen von Hugo Licht beibehalten. Vorm Altarraum der Johanniskirche befand sich auch die Bach-Gellert-Gruft mit ihren weißen Kalksteinsarkophagen, die als Sehenswürdigkeit viele Besucher anzog. Das Gotteshaus wurde bei den Bombardements am 4. Dezember 1943 sowie am 20. Februar 1944 schwer getroffen. Dabei brannte das Kircheninnere aus. Die Gruft wurde schließlich im Jahre 1945 durch eine Zement-Betondecke gesichert. Nach dem Krieg entschloss man sich zum Abbruch des Kirchenschiffs, der am 19. Februar 1949 erfolgte. Der barocke Turm blieb aber stehen, wurde 1956 sogar restauriert.

Er sollte zunächst Teil eines geplanten Bachmausoleums werden. Doch es kam anders: Der Turm, von den damals Mächtigen als »hohler Zahn« diffamiert, wurde am 9. Mai 1963 gesprengt. Bachs Gebeine waren bereits im Juli 1949 in die Thomaskirche gebracht worden. Gellert fand seine Ruhestätte zunächst in der Universitätskirche, nach deren Sprengung 1968 auf dem Südfriedhof.

Heute bemüht sich der Bürgerverein Johanniskirchturm, der sich im März 2003 gründete, um eine Wiedererrichtung des Barockturms als Höhendominante auf dem Johannisplatz.